Institut für Kognitionswissenschaft

Institute of Cognitive Science


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Die Universität Osnabrück trauert um Prof. Dr. Gunther Heidemann

Die Universität Osnabrück trauert um den Kognitionswissenschaftler Prof. Dr. Gunther Heidemann, der am 14. August im Alter von 58 Jahren auf tragische Weise ums Leben kam. Gunther Heidemann wurde im April 2011 W3-Professor am Institut für Kognitionswissenschaft (IKW). Neben seiner Lehrtätigkeit in den Bereichen Machine Learning und Computer Vision hat er seither maßgeblich die Arbeitsgruppe „Biologisch orientierte Computer Vision“ aufgebaut und sich darüber hinaus durch sein umfangreiches administratives Engagement in vielfältiger Weise um das IKW und den Fachbereich Humanwissenschaften verdient gemacht.

Professor Heidemann wurde am 7. August 1966 in Karlsruhe geboren. Nach dem Abitur studierte er von 1986 bis 1993 Physik an den Universitäten Münster und Karlsruhe und schloss das Studium mit dem Diplom ab. Anschließend arbeitete er von 1993 bis 2005 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der von Helge Ritter geleiteten Arbeitsgruppe Neuroinformatik an der Universität Bielefeld, wo er 1998 mit der Arbeit „Ein flexibel einsetzbares Objekterkennungssystem auf der Basis neuronaler Netze“ zum Dr.-Ing. in Informatik promoviert wurde. 2005 erfolgte seine Habilitation für das Fach Informatik mit einer Arbeit über den Einsatz biologisch motivierter Aufmerksamkeitssteuerung in den Gebieten Object Detection, Image Retrieval und Augmented Reality an der Universität Bielefeld. 2006 wechselte er als Assistenzprofessor an das Department of Electrical & Computer Engineering der Florida State University und die Florida A&M University, Tallahassee, USA. Noch im gleichen Jahr übernahm er die Professur für Intelligente Systeme am Institut für Visualisierung und Interaktive Systeme der Universität Stuttgart, an der er bis zu seinem Ruf nach Osnabrück im Jahr 2011 lehrte.

Gunther Heidemanns wegweisende Forschungsarbeiten umfassen sowohl die Grundlagenforschung als auch anwendungsorientierte Entwicklungen zur automatischen Verarbeitung von Bildern und Videos. Dabei spannen seine Projekte einen beindruckenden Bogen über so unterschiedliche Fachgebiete wie die interaktive 3D-Modellierung auf der Basis von Fotos, das automatische Erkennen und Verarbeiten von Bildrechten oder das automatische Erkennen von Modifikationen in Bildern, um etwa Veränderungen in der Natur durch Prozesse wie den Klimawandel zu identifizieren. Im Bereich der Grundlagenforschung galt Gunther Heidemanns Interesse neben dem Verständnis der Strukturen in modernen Bildverarbeitungen und Neuronalen Netzwerken auch der Statistik natürlicher visueller Stimuli mit einem Fokus auf adaptive Farb- und Raumfrequenzfilter. Er forschte zur visuellen Verarbeitung im menschlichen Sehsystem mit einem Fokus auf Eigenschaften der Aufmerksamkeitssteuerung und Bildsegmentierung und arbeitete zur Objektentdeckung und Kategorisierung mit Anwendungen in der Qualitätskontrolle, zu neuronalen Netzwerken und der Integration von symbolischen und sub-symbolischen Repräsentationen sowie zu künstlichen sensorischen Systemen und Gedächtnisprozessen. Gunther Heidemanns wissenschaftliche Arbeiten sind in den führenden Fachzeitschriften publiziert, wobei insbesondere seine Beiträge zum Farbsehen und der Gestaltwahrnehmung Meilensteine in diesen Gebieten darstellen.

Professor Heidemann hat in der Zeit seines Wirkens an der Universität Osnabrück nicht nur erheblich zum Fortschritt der Forschung und der Weiterentwicklung des Instituts für Kognitionswissenschaft beigetragen, sondern auch den Fachbereich Humanwissenschaften durch unterschiedlichste Gremientätigkeiten auf vielfältige Weise unterstützt. Bereits im Jahr nach seiner Berufung wurde er stellvertretendes Mitglied im Fachbereichsrat, dem er später auch als ordentliches Mitglied und insgesamt sechs Jahre lang angehörte. Von zentraler Bedeutung für den Fachbereich war zudem sein langjähriges Engagement im Promotionsausschuss, in den er 2013 gewählt wurde und dessen Vorsitz er 2016 übernahm. In dieser Funktion hat Gunther Heidemann nachhaltig Maßstäbe für die Promotionsverfahren im Fachbereich gesetzt und organisatorisch klare Abläufe definiert. Stets hat er dabei großen Wert auf gerechte und transparente Bewertungen gelegt, die ihm im breiten Fächerspektrum des Fachbereichs mit seinen unterschiedlichen Fächerkulturen in den Gesundheitswissenschaften, der Kognitionswissenschaft, der Philosophie und der Psychologie besonders wichtig waren. Zu Gunther Heidemanns Verdiensten gehört nicht zuletzt seine Bereitschaft, in schwierigen Zeiten Verantwortung für das Institut für Kognitionswissenschaft zu übernehmen, das er als dessen Direktor von 2019 bis 2022 gradlinig, mit Umsicht und ohne Scheu vor Konflikten auch durch die schwierigen Jahre der Covid-19 Pandemie geführt hat. Er war zudem von 2020 bis 2024 Mitglied des Dekanats und hat durch seine Entscheidungsstärke und seine klaren Positionen in der Sache das Gremium sehr bereichert. Auch seinen Studierenden wird Gunther Heidemann fehlen. Er wurde nicht nur als akademischer Lehrer mit großen Ansprüchen geschätzt, sondern ebenso sehr als ein respektvoller, fairer, zuverlässiger und jederzeit ansprechbarer Mensch.

Wir sind Gunther Heidemann für all das dankbar und sein Tod hinterlässt eine große Lücke im Institut und am Fachbereich. Viel tiefer aber ist die Lücke, die sein Ableben in seine Familie reißt. Ihr gilt das aufrichtige Mitgefühl aller Mitglieder des Instituts für Kognitionswissenschaft und des Fachbereichs Humanwissenschaften.

 

Foto: Simone Reukauf